Mit zwei Veranstaltungen, die kontrastreicher kaum hätten sein können, und dennoch zum Teil dasselbe Publikum anzogen, erreichte der Veranstaltungsherbst im Historischen Archiv mit Rheinischem Bildarchiv einen ersten Höhepunkt.
Die alten kölschen Barrikaden
Als Begleitprogramm zur Wanderausstellung „Karl Marx, Friedrich Engels und die Revolution 1848/1849“ sorgten Laurent Chevalier, Roland Hüve und Stadtmuseums-Kurator Mario Kramp als furioses Trio für ein volles Haus am Eifelwall. Kölnerinnen und Kölner ließen es sich nicht nehmen, lauthals das Liedprogramm mitzusingen. Roland Hüve und Laurent Chevalier mit seinem einmalig franko-kölschen Duktus gaben musikalisch alles; Mario Kramp wiederum war nicht nur der dritte Chansonnier in der Runde, sondern hakte an den richtigen Stellen ein, um historische Hintergründe wie gewohnt wissenschaftlich fundiert, augenzwinkernd und mit ernsten Untertönen ans Publikum zu bringen. Das und die aktuelle Relevanz einiger Texte von Bella Ciao über Lass dich nicht verhärten bis zur nordfranzösischen Bergarbeiterhymne Les corons sorgte neben der guten Laune für Gänsehaut. Ob das kölsche Publikum aber die Marseillaise oder Viva Colonia singt – am Ende wird doch immer geschunkelt. Als bei Barrikad om Aldermaat schließlich sogar Rolly Brings noch mit auf die Bühne kam, war der Abend endgültig gelaufen.
Und wie Archivdirektorin Bettina Schmidt-Czaia ganz richtig – sinngemäß – sagte: In diesen Zeiten schadet es nicht, einmal mit guter Laune nach Hause zu gehen und, ein Lied auf den Lippen, gut einzuschlafen. Und nicht zuletzt haben wir einiges über die Revolution 1848/49 in Köln gelernt.
Von subjektiver Authentizität und „Motion Sickness“
Der Mittwochabend sah völlig anders aus: der Archäo-Informatiker Lukas Lammers stellte seine im Rahmen der aktuellen Ausstellung M’r welle en neu Stadt baue – Kölns Aufbruch in die Moderne entstandene Virtual-Reality-App zu den Kreuterschen topografischen Karten vor. Konzentriert lauschte das Publikum den wissenschaftlichen Grundlagen der Anwendung, die alles andere als eine „Spielerei“ ist, auch wenn sie von den technischen Prinzipien der Game-Entwicklung profitieren kann. Im Ergebnis erlaubt die VR-Anwendung einen neuen, zusätzlichen Zugang zu historischen Quellen. Nach den theoretischen Grundlagen hatten wir die Gelegenheit, die Ergebnisse des Projektes mit dem von den FREUNDEN finanzierten 3D-Equipment selbst auszuprobieren.
Die FREUNDE werden – wie auf der Hauptversammlung besprochen – mit Lammers im Gespräch bleiben, um weitere spannende Ideen zur 3D-Vermittlung zu entwickeln und zu fördern. Die Begeisterung, die ich am Rand der zweiten Veranstaltung von einer FREUNDIN im Gespräch erleben durfte – sie ist wegen des tollen Veranstaltungsprogramms in den Förderverein eingetreten – zeigt mir, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
(Fotos Liederabend: Raimond Spekking, CC-BY-SA 4.0)