Nutzerkonferenz 2.0: „Was Köln schon wieder kann“

Trotz Herbstwetter mit Sturmwarnung machten sich am gestrigen Dienstagabend Nutzerinnen und Nutzer des Historischen Archivs auf in den Lesesaal am Heumarkt, um ihre Erfahrungen und Bedürfnisse auszutauschen sowie Lob und Kritik loszuwerden.

Sportliche 90 Minuten hatte der unermüdliche Jürgen Keimer als Moderator angesetzt, und trotz der knappen Zeit gab es konkrete Vorschläge und direkten, sehr konstruktiven Austausch.

Nutzerkonferenz im Lesesaal am Heumarkt
Nutzerkonferenz im Lesesaal am Heumarkt© Raimond Spekking / CC BY-SA-4.0

Das Podium war voll besetzt mit Vertreterinnen und Vertretern der unterschiedlichen Nutzergruppen, angefangen von städtischer Verwaltung, vertreten durch Gerd Neweling vom Amt für Brücken- und Stadtbahnbau, Pädagogen wie Frank Schweppenstette, Journalisten durch Lokalredakteur Christian Hümmeler, den Künstler Rolf Escher, über Menschen mit wissenschaftlichem Fokus wie die Historiker Gudrun Gersmann und Ralph Jessen von der Universität Köln sowie Freunde und Förderer Kölner Geschichtsforschung wie Marie-Louise Pichlmaier-Adenauer und Christian Hillen, bis hin zu Günter Junkers vom Verein für Computergenealogie.

Lebhafter Austausch
Lebhafter Austausch© Raimond Spekking / CC BY-SA-4.0

In einer ersten „Aufwärmrunde“ schilderten die neun Podiumsgäste ihre Beziehung zum Archiv und ihre positiven Erfahrungen mit Institution und Mitarbeitern. Trotz unterschiedlicher Perspektiven stachen hier drei Themen besonders hervor: die grundsätzliche Leidenschaft für die Materialität von historischen Objekten, die Erinnerung an Einsturz und gemeinsame Bergungserfahrungen, sowie das herausragende Engagement und die Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterinnen im RDZ. Hervorgehoben wurde aber auch die in den letzten Jahren gewachsene „Willkommenskultur“ des Historischen Archivs.

„Eine möglicherweise glückliche, aber [damals] nicht realisierte Liebesbeziehung“ Gudrun Gersmann

Konkreter sollte es dann in der zweiten Runde werden: gefragt waren Kritik und Verbesserungsvorschläge. Hier dominierte quer durchs Podium das Thema Zugänglichkeit vor allem von Online-Informationen: Open Access, mehr Digitalisate und verbesserungsfähige Qualität von digitalisierten Mikrofilmen. Weitere Wünsche waren die bessere Online-Aufbereitung von Themenpaketen und Unterrichtseinheiten vor allem für den schulischen Bereich, aber auch bessere Vermittlung von dem, „was schon wieder da ist“ in Richtung Studierende an den Universitäten, um das Wagnis Köln-Forschung besser einschätzbar zu machen. Im Bereich Überlieferungspraxis aus der Verwaltung wurden sehr lebhaft gleich konkrete Pläne geschmiedet, wie man gemeinsam Prozesse optimieren und Archivwissen an die einzelnen Ämter bringen kann.

„Möglichst schnell und möglichst viel“ Ralph Jessen

In der Feedbackrunde spielten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Archivs sehr lebhaft die Bälle zu: Zur „Unübersichtlichkeit des Webauftritts“ wurde auf die drei verschiedenen Plattformen des Archivs hingewiesen: die städtische Website, wohl der Anlaufpunkt für die meisten Besucher, dann das NRW-Archivportal, das auch einige archivpädagogische Angebote und eine Beständeübersicht enthält, sowie der eigene Auftritt unter historischesarchivkoeln.de, das auch Digitalisate bereitstellt, mit dem es in letzter Zeit jedoch einige Probleme gab. Der noch vor dem Jahresende erwartete Relaunch soll dann auch die bereits vorliegenden 1,3 Millionen (!) neuen Digitalisate und nach und nach zusätzliche Funktionen bereitstellen. Insgesamt gibt es schon 8 Millionen Digitalisate, und die Zahl der Nutzer des Webauftritts ist heute höher als vor dem Einsturz.

„Schicken sie die Schüler vorbei!“ Bettina Schmidt-Czaia

Betont wurde, dass man bereits deutlich weiter sei, als man von außen derzeit sehen könne, verbunden mit der dringenden Bitte, mit Wünschen und Anforderungen direkt aufs Archiv zuzukommen. Für Schulen sei es durchaus möglich, Themen vorzuschlagen – allerdings ist bei bestimmten Wünschen immer noch eine Vorlaufzeit von vier bis sechs Monaten zu berücksichtigen, bis ein zu restaurierendes Objekt „durch das RDZ“ ist.

Immer unter dem – sehr berechtigten – Vorbehalt „dünne Personaldecke“ nahm man die Vorschläge, proaktiver zu zeigen, was man habe und auf die Universität zuzugehen, gerne mit.

„Das mit Wallraf kriegen wir hin“ Bettina Schmidt-Czaia

Zukunftsvorhaben und Ideen kamen in der dritten kurzen Runde noch zur Sprache, wobei noch ein paar spannende Punkte auftauchten: Adressbücher digitalisieren und bereitstellen, den neuen Lehrplan gemeinsam durchgehen, um archivrelevante Themen zu identifizieren, Social-Media-Kommunikation verstärken (ja, es gibt das Archiv auf Twitter und Facebook!), und immer wieder: zusammensetzen, miteinander reden, „sagen, was man braucht“!

„Ich finde Twitter bezaubernd für die Vermittlung“ Gudrun Gersmann

Als Abschluss gab Bettina Schmidt-Czaia in einem Schnelldurchlauf noch einen kurzen Überblick über den Gesamtstatus: Stand des Umzugs der Asylarchivalien ins Landesarchiv Düsseldorf, über 900.000 Bergungseinheiten wurden in den Asylarchiven erfasst, mehr als 2/3 des geborgenen Bestandes, Stand der Neubauplanungen,und, und, und … und während des von den Freunden bereitgestellte Imbiss wurde noch lange und ausführlich in kleinen Runden weiterdiskutiert über das, „was Köln schon wieder kann“:  mit Nutzern, die das Archiv brauchen, und einem Archiv, das die Nutzer braucht.