Sechs Jahre nach dem Archiveinsturz

Ein Beitrag von unserem FREUNDE-Mitglied Raimond Spekking.

Mit – beruflich bedingt – einigen Tagen Abstand zum 6. Jahrestag des Einsturzes des Historischen Archivs möchte ich hier von zwei verschiedenen Veranstaltungen berichten, die gleichwohl zusammengehören.

6 Jahre Archiv-Einsturz. 6 Minuten Schweigen

Archivkomplex hatte für den 3.3.2015 um 13:58, dem Einsturzzeitpunkt, zur Gedenkveranstaltung „6 Jahre Archiveinsturz – 6 Minuten Schweigen“ eingeladen. Gekommen waren etwa 100 Teilnehmer: Bürgerinnen und Bürger (von Archivkomplex und von „Köln kann auch anders“ sowie unabhängige), Archiv-Direktorin Dr. Bettina Schmidt-Czaia, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Archivs, Freunde des Archivs und Vertreter der Stadt Köln (gesehen habe ich Stadtdirektor Guido Kahlen und Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes) und ich glaube auch Angehörige der beim Einsturz getöteten jungen Kölner Khalil und Kevin waren anwesend.

Sehr erfreulich an diesem für alle sehr schmerzvollen und traurigen Tag war, dass zusammen des Einsturzes gedacht werden konnte. Ich erinnere mich noch mit Grausen an den 4. Jahrestag 2013, als es am selben Ort zur fast selben Zeit zwei verschiedene Gedenkveranstaltungen gab, jeweils von Bürgern und von der Stadtverwaltung organisiert, bei der es sehr unschöne Szenen gab.

Um 13:58 begann das sechsminütige Schweigen, begleitet vom Glockenläuten der umliegenden Kirchen. Es gab keine Reden an dem Tag, einfach nur Schweigen. Wie ich finde, ein sehr angemessenes Gedenken. Als Fotograf dokumentierte ich die Gedenkveranstaltung, so dass ich selber in den 6 Minuten nicht zum Nachdenken kam. Das passierte bei mir erst bei der Nachbearbeitung der Fotos und dem Schnitt des kürzeren Videos.

Diskussionsveranstaltung „Kann Köln jetzt anders“ im Lesesaal am Heumarkt.

Am Abend gab es im provisorischen Lesesaal des Historischen Archiv am Heumarkt eine von der Gruppe „Köln kann auch anders“ organisierte Diskussionsveranstaltung „Kann Köln jetzt anders?“

Die Tatsache, dass diese Veranstaltung in den Räumen des Archivs stattfinden konnte, ist für mich ebenfalls ein gutes Zeichen dafür, dass wieder miteinander geredet und gearbeitet werden kann; dass es über manche Gräben, so sie wahrscheinlich noch nicht zugeschüttet sind, zumindest eine Brücke zum Miteinander gibt.

Moderiert von dem Journalisten Jürgen Döschner diskutierten miteinander: Frank Deja (Köln kann auch anders), Severin Heiermann (Heiermann Architekten, Teilnehmer am Bürgerbeteiligungsverfahren für das Georgsviertel), Professor Mischa Kuball (Künstler/Kunsthochschule für Medien Köln/ArchivKomplex), Stadtdirektor Guido Kahlen und Baudezernent Franz-Josef Höing.

Im Publikum sah ich im bis zum letzten (Steh-)Platz besetzten Lesesaal neben vielen Bürgern und Archiv-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiten deren Chefin Dr. Bettina Schmidt-Czaia und Dr. Walter Schulz, Ratsherr und gleichzeitig stellvertretender Vorsitzender der Freunde des Historischen Archivs der Stadt Köln e. V.

In aller Kürze möchte ich nur auf drei Punkte des Abends eingehen:

  1. Wirklich hörens- und sehenswert war der Vortrag von Prof. Werner Langen der Kanzlei Kapellmann, die die Stadt Köln in allen einsturzbedingten Prozessen vertritt. Eine sehr detaillierte Zusammenfassung zum Stand der Arbeiten am Besichtigungsbauwerk mit wirklich guten Folien. Ich würde mir wünschen, dass diese von der Stadt Köln veröffentlicht würden (oder gibt es sie online und ich weiß es nicht?)
  2. Gibt es auf die zentrale Frage des Abends „Kann Köln jetzt anders?“ eine abschließende Antwort? Nein, sicherlich – und leider – noch nicht. Aber ich habe den Eindruck, dass die Stadtverwaltung gelernt hat und das Wort „Bürgerbeteiligung“ keine leere Worthülse mehr ist. Stadtdirektor Kahlen erklärte wortreich die eingeleiteten Prozesse zum Umbau der Stadtverwaltung. So soll die Planung zur Nutzung des Einsturzgebietes zusammen mit den Bürgern und angrenzenden Schulen neu aufgerollt werden; die vor einiger Zeit vorgestellten Pläne für eine Blockrandbebauung werden zu den Akten gelegt.
  3. Zum Abschluss stellte die niederländische Künstlerin Eva Olthof ihr Projekt „Archive Resonance – ein Archiv der Erinnerungen“ vor. Eine Webseite, auf der Erinnerungen an den Einsturztag dokumentiert werden. Einige Dutzend Erinnerungen sind schon online und da es ein offenes Projekt zum Mitmachen ist, ist jeder eingeladen, seine Erinnerungen dort anonym zu veröffentlichen.
    Ganz besonders stolz bin ich, dass Eva ein Panoramafoto von Köln als Hintergrundfoto gewählt hat, das ich vor einigen Jahren aufgenommen habe und seitdem auf Wikimedia Commons unter freier Lizenz für Jedermann zur Verfügung steht. Wie sie es gefunden hat, weiß ich gar nicht. Jedenfalls hatte sie mich einige Wochen vor dem 3.3. per E-Mail kontaktiert und mir von ihren Plänen berichtet.

Alle Fotos von der Gedenkveranstaltung
Fotos vom Diskussionabend