Nachbar Preußen. Köln und der Frieden von Basel 1795 – eine Zusammenfassung des Vortrages von Dr. Max Plassmann

Mit einem weiteren Vortrag im Rahmen der Reihe, die die FREUNDE gemeinsam mit dem Historischen Archiv der Stadt Köln im Rheinland-Preußen-Jahr 2015 veranstalten, beleuchtete am 15.09. der Historiker Dr. Max Plassmann vor rund 40 Interessierten den Einfluss der Preußen im Rheinland seit 1609.

Hier eine Zusammenfassung des Vortrages von Herrn Dr. Plassmann:

„In diesem Jahr wird bezogen auf das Jahr 1815 200 Jahre preußische Herrschaft am Rhein gefeiert oder je nach Perspektive verflucht. Die Preußen fielen damals aber nicht vom Himmel. Bereits seit 1609 hatte Brandenburg-Preußen mit dem Herzogtum Kleve und den Grafschaften Mark und Ravensberg im West Fuß gefasst hatte, und es war seitdem eine regionale Macht, mit der man sich stritt, mit der die Kölner aber auch zu kooperieren wussten. Als Mitdirektor des Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreises trug Preußen auch unmittelbare Verantwortung für den Schutz der inneren und äußeren Sicherheit im Rheinland.

Dieses eingespielte, zum Teil gutnachbarliche, zum Teil auf Gegensätzen beruhende Verhältnis geriet mit der Französischen Revolution ins Wanken. Preußen und Österreicher, die 1792 in der frohgemuten Hybris aufgebrochen waren, schnell in Paris einen Frieden diktieren und die Revolution beenden zu können, scheiterten in der Kanonade bei Valmy. In den folgenden Jahren wurden sie der französischen Truppen nicht Herr, erlitten zunehmende Verluste und verloren auch das Selbstvertrauen, einen Sieg erzielen zu können. Preußen stand vor dem finanziellen Kollaps und sah seine eigentlichen Interessen in Polen. 1794 zogen sie sich schließlich kampflos auf das rechte Rheinufer zurück. 1795 schlossen sie in Basel ein Friedensabkommen mit Frankreich, das ganz Norddeutschland in eine Neutralitätszone verwandelte. Die linksrheinischen Reichsstände wurden Frankreich überlassen. Aus der regionalen Partnerschaft wurde so eine Staats- und Zollgrenze am Rhein, die auf die gewachsenen Wirtschaftsbeziehungen keine Rücksicht nahm. Die über Land nach Osten führenden Verkehrsverbindungen waren mehr oder weniger abgeschnitten, so dass Köln vom Zentrum eines aus Überlandwegen und Rhein gebildeten Verkehrsnetzes an das Ende der Straße von Paris versetzt wurde, und damit für den internationalen Handel an das Ende einer Sackgasse.

Die Kölner empfanden dies zwar als problematisch, fanden sich aber auch schnell damit ab. Sehr rasch wandten sie dem Nachbarn Preußen den Rücken zu und orientierten sich nach Paris – jedenfalls was die offizielle Seite anging. Schmuggel und kleiner Grenzhandel liefen natürlich weiter. Diese Situation endete dann rasch in den Napoleonischen Kriegen und schließlich mit der preußischen Herrschaft im Rheinland 1815. Es ist aber ein interessantes Gedankenspiel, wie sich wohl die Kölner, die deutsche und die europäische Geschichte entwickelt hätten, wenn sich die Friedensordnung als stabil herausgestellt hätte und der Rhein auf seiner vollen Länge Grenze geblieben wäre. Französische Kultur im Rheinland, aber Köln als kleiner Grenzort, dessen Bewohner für den Opernbesuch in den Zug nach Paris steigen müssen? Wären aber überhaupt Züge von Köln gefahren? Hätte das Rheinland eine ähnliche Rolle wie das Elsaß in Zeiten des Nationalismus gespielt? Hätte das Kriege gefördert oder eher verhindert? Wir wissen es nicht. Das Jahr 1795, obgleich weitgehend vergessen, stellte aber mit Sicherheit eine besondere Weiche hin zu dem, was wir heute kennen und für selbstverständlich halten.“

(Dr. Max Plassmann)